Eine Odyssee


Die Diagnose steht: Louni ist n Psycho!

Wohlstandshunde haben Wohlstandskrankheiten

 

Jetzt ist es offiziell: Louni ist n Psycho! Sie hat einen an der Waffel! Nen Dachschaden! Dass Klimt ein wenig bescheuert ist, weiß ich ja schon länger... Aber dass meine heilige Louni mittels Ausschlußverfahren ein diagnostiziert psychogenes Verhalten aufweist, hat mich doch etwas erschüttert. Typisch Wohlstandshund eben. Ist ja eigentlich klar, dass die auch unter Wohlstandskrankheiten leiden.
Begonnen hat unsere Odyssee schon vor mindestens vier Jahren. Louni begann zu trinken und zu trinken und zu trinken - allerdings nur Abends zwischen 19 und 24 Uhr, 2 bis 4 Liter. Tagsüber nimmt sie kaum Wasser zu sich oder nur nach größeren Anstrengungen. Das Ergebnis war dann nächtliches Bettnässen, unschön für sie wie für mich. Mein Schlaf ist seitdem leichter geworden. Denn ich lernte auf jedes Geräusch zu achten, das sie von sich gibt. Aktuell haben wir uns auf ein leises Fiepen geeinigt. Es lässt mich zuverlässig wach werden, um sie in den Garten zu bringen. Außerdem wurde der letzte Spaziergang nach hinten verlegt.


Seitdem mir ihr eigenartiges Verhalten aufgefallen ist, haben wir einiges ausprobiert. Mein erster Gedanke war, der Hund säuft so viel, weil sie abends ihr Trockenfutter bekommt und dann großen Durst hat. Also habe ich das Trockenfutter gewechselt - kein Unterschied. Zwischendurch habe ich mehrere Wochen nur feucht gefüttert, auch gebarft haben wir circa einen Monat lang (Hier nachzulesen). Beide Umstellungen machten keinen Unterschied. Zwei Wochen lang gab es dann am Morgen Trockenfutter. Sie hat dann zwar tagsüber mehr getrunken, aber sich abends immernoch vollgepumpt - also auch kein nennenswerter Unterschied.
Ihr soziales Umfeld und die Struktur ihres Tages machten ebenfalls keinen Unterschied. Egal ob ich Urlaub habe oder arbeite, Louni trinkt. Egal ob wir einen Gammeltag auf dem Sofa haben oder actiongladene Spaziergänge unternehmen, Louni trinkt. Egal ob wir zuhause sind oder mehrere Tage zu Besuch bei Freunden oder der Familie verbringen, Louni trinkt. Egal ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit, Louni trinkt.
Natürlich war ein erster Gedanke, dass etwas medizinisches mit ihr nicht stimmt. Cushing, Diabetes, Nierenerkrankungen oder Schilddrüsenprobleme kamen mir spontan in den Sinn. Mittlerweile haben wir 4 Bluttests bei 3 verschiedenen Tierärzten und 3 Urinuntersuchungen bei zwei Tierärzten hinter uns - alle ohne Befund. Der alte Hund ist gesund.
Zuletzt fand meine Haustierärztin das Ergebnis ebenso unbefriedigend wie ich. Außerdem hatten wir beide natürlich die Befürchtung doch irgendetwas übersehen zu haben. Also wurden Louni und ich in eine Kleintierklinik in der nächstgrößeren Stadt überwiesen, um eine weitere Meinung einzuholen. Meine Haustierärtin hat abgeshen vom Blutbild extra keine weiteren Informationen zu Louni weitergegeben, damit die andere Tierärztin sich ein eigenes, völlig neutrales Bild machen kann. Die Diagnos psychogenes Verhalten stand an dieser Stelle schon im Raum.

In der Tierklinik angekommen hat die Ärztin Louni erstmal großflächig rasiert und den kompletten Bauchraum geschallt, ohne dass dabei etwas auffällig war. Zwei Ärztinnen beschäftigten sich letztlich mit unserem Fall. Eine Blasenpunktion ergab dann, dass sie extrem viele Bakterien im Urin hat - sprich Louni litt unter einer Blasenentzündung. Die ist jedoch nicht für ihr Trinken verantwortlich. Vielmehr sei es umgekehrt. Ihr ungewöhnliches Verhalten, abends Massen an Wasser aufzunehmen, begünstige stattdessen die Blasenentzündung, weil ihr Wasserhaushalt so durcheinandergeraten ist. Die Abschlußdiagnose, die auch schon meine Haustierärztin vermutet hatt, war: Louni ist n Psycho!
Ihr ungewöhnliches Trinkverhalten hat also psychogene Ursachen - sprich es ist „in der Psyche selbst begründet“*. Das ist zum einen gut, weil sie nichts Körperliches hat. Allerdings hat mir die Tierärztin empfohlen ihre abendliche Wassermenge zu begrenzen, damit es nicht zum Wash-Out der Nieren kommt. Dabei wird die Niere überbelastet und kann nicht mehr richtig konzentrieren. Das kann auch chronisch werden. Ist es zum Glück noch nicht. Ab 23 Uhr wird der Napf jetzt nicht mehr nachgefüllt. Und mehr als zwei Näpfe zu je einem Liter gibt es auch nicht mehr nach19 Uhr.
Zum anderen macht es mich traurig, weil ich mich frage, ob mein Wohlstandshund möglicherweise unglücklich ist. Und wenn ja, warum ist sie das und was kann ich dagegen tun? Ist es meine Schuld, wenn sie unglücklich ist? Ist sie überhaupt unglücklich oder hat sie sich das Trinken einfach angewöhnt, so wie manche eben abends ein Glas Wein trinnken oder morgens eine Zigarette zum Kaffee rauchen? Soll ich womöglich einen Tierpsychologen zu Rate ziehen? Was würde der zu Tage fördern? Will ich das überhaupt hören? Fragen über Fragen... über die ich erstmal nachdenken will.

*Der Begriff psychogen wurde in diesem Sinne erstmals von Robert Sommer gebraucht.

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