Ein Zuhause für die Kaputten
Urlaub mit Hund im Schwarzwald
Ein Besuch im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald
JJ1, besser bekannt als Bär „Bruno“, war der erste Bär, der 2006 seit 170 Jahren in Deutschland in freier Wildbahn gesichtet wurde. Ein kurzes Intermezzo. Ich erinnere mich gut. Denn ich habe gerade als Praktikantin für eine Wochenzeitung gearbeitet und darüber berichtet. Mein Praktikum endete, als Bruno noch lebte und die Debatte über eine letale Entnahme, sprich Abschuss mit Todesfolge, so richtig in Gang kam, weil er die Menschen zu wenig mied und Vieh riss. Kurze Zeit später war Bruno tot. Sein Körper wird heute im Münchner Museum Mensch und Natur ausgestellt.
Wie groß war meine Überraschung, dass ich fast 18 Jahre nach dieser Tragödie seine Mutter Jurka „treffen“ sollte. Die greise Bärin lebt im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald. „Leider wurde sie von unvernünftigen Menschen angefüttert, wodurch Jurka jede Scheu verlor, was sie an ihren Nachwuchs weitergab. Deshalb musste sie schließlich eingefangen werden“, heißt es in einer Info-Broschüre, die man am Eingang des Parks erhält.Es ist unser erster Urlaub mit altem Hund und Kleinkind. Wir wollten nicht allzu weit fahren, also sollte es der Schwarzwald werden. Ein nettes Häuschen mit eingezäuntem Garten in der Einöde, wo man seine Ruhe hat, in der Nähe von Freudenstadt und Alpirsbach. Die Straßen dorthin sind kaum so breit, dass zwei Autos nebeneinander passen und führen serpentinenartig durch dichtes Waldgebiet. Das Kind quittiert das mit Erbrechen. Der Hund zum Glück nicht auch noch.
Den Wildpark hatte ich zunächst gar nicht auf dem Radar bis mein Partner mich darauf aufmerksam machte. Ich war sofort begeistert, besonders von dem Konzept. Hier wohnen keine Wölfe, Bären und Luchse, die geplant für diesen Park gezüchtet oder als Publikumsmagnet angekauft wurden. Hier wohnen Tiere, die einen Leidensweg hinter sich haben. Eine Auffangstation für die Kaputten.
Bär Agonis etwa nuckelt stereotyp an seinen Pfoten. Ein Schild weist Besucher darauf hin, dieses Verhalten zu ignorieren, um es nicht weiter zu fördern. „In Albanien fiel seine Mutter Wilderern zum Opfer, er selbst kam in die Hände eines Restaurantbesitzers.“, heißt es auf der Homepage des Wildparks. Eine andere Bärin bettelt Besucher an und harrt stundenlang an Stellen aus, wo sie auf Essen von Besuchern hofft.
Auch wenn hier viele Tiere aus Zoos und Zirkussen kommen, sollte man in diesem Park keine Attraktionen erwarten. Die Gehege sind relativ weidläufig und bewaldet. Wer Pech hat, bekommt kaum ein Tier zu sehen. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, was passiert, wenn der Mensch sich in die Natur einmischt und welches Leid sein übergriffiges Verhalten erzeugt.
So sehen wir bei unserem Besuch keinen einzigen Luchs. Aber dafür einen Wolf. Juhu! Jackpot, klingelt es in meinem Kopf. Ich habe ihn fast nicht bemerkt, als der große Rüde lautlos den Zaun entlang schnürt, einen Moment inne hält und uns anstarrt. Klimt schon. Während er bei Hundebegegnungen ja gerne lautstark ausflippt und in die Leine geht, verharrt er und aus seiner Kehle kommt nur ein ernstes Grollen. Der Wolf wendet sich gleichmütig ab und trabt weiter. Ich hätte gerne mal seine Gedanken gelesen und stelle mir vor, dass er sich kopfschüttelnd dachte: „Du lustiger kleiner Knilch. Hast wohl Schiss? Deine Sorte kenne ich. Kein Grund zur Aufregung. Chill mal dein Leben.“Tut Klimt dann auch. Am oberen Ende des Parks gibt es eine Badestelle extra für Hunde, wo er sich Pfoten und Bauch kühlt. Wenig später sehen wir eine Bärin aus nächster Nähe. Sie rollt sich schlaftrunken auf dem Rücken und ignoriert uns. Klimt ist nicht beeindruckt. Ich schon ein bisschen. Auch wenn und vielleicht gerade weil wir hier keine Zirkusvorführung gesehen haben, habe ich sehr gerne 12 Euro Eintritt pro erwachsener Person und 2 Euro für Klimt bezahlt. Wer also im Schwarzwald in der Nähe von Bad Rippoldsau-Schapbach urlaubt, dem kann ich den Park nur wärmstens ans Herz legen. Ein Pluspunkt: Hunde sind unter verständlichen Bedingungen sehr willkommen.
Wir haben vor vielen Jahren einen sehr ähnlichen Park in Thüringen entdeckt - den Bärenpark Worbis. Schon damals fand ich das Projekt sehr gut und wir sind einige Male dort gewesen ... einfach weil auch Besuche dort unterstützten.
AntwortenLöschenIn den Schwarzwald haben wir es noch nicht geschafft, aber schön zu lesen, dass es dort sehr ähnlich ist.
Liebe Grüße,
Isabella mit Roy