Urlaub mit Hund in Kroatien

 

Wie der Leinenpöbler Istrien erkundet

Einige Tipps, wie der Urlaub mit reaktivem Hund möglichst entspannt verläuft

Heute möchte ich erzählen, wie es mir gelungen ist, mit einem leinenaggressiven, reaktiven Hund in den Urlaub zu fahren. Wer Klimt noch nicht kennt, kann hier oder hier nachlesen, was ich meine. 

Zunächst einmal: Was benötigt man für einen Urlaub mit Hund, der Baustellen hat?

  • Ein komplett umzäuntes Ferienhaus (nicht Wohnung) etwas oder ganz ab vom Schuss
  • Viel Geduld und einen langen Atem
  • Die Einsicht, dass nicht alles möglich ist
  • Auszeiten
  • Vorausschauendes Denken und Planung
  • Nerven aus Drahtseilen
  • Wein

Ein komplett umzäuntes Ferienhaus

Wir haben als Urlaubsort ein kleines Dörfchen bei Pula im Norden Kroatiens gewählt. Neben Klimt und mir kamen mein Lebensgefährte, vier weitere Erwachsene und ein Kind mit. Wir haben uns für eine großes Ferienhaus mit Pool, Grillstelle, ausreichend Zimmern und umzäunten Garten entschieden, das über einen Feldweg zu erreichen war. Es gab nur ein direktes Nachbarhaus – aber das hatte es in sich! Von früh bis spät die schlimmste Ballermann-Musik, Gegröle gepaart mit dem spitzen Gebelle zweier Hunde. Deutsche Kfz-Kennzeichen – was sonst… Die hintere Terrasse war quasi nicht nutzbar ohne Ohrenbluten. Vorne war zum Glück nichts zu hören. Alles in allem waren wir mit der Wahl unseres Hauses zufrieden. Ich musste keine Sorge haben, dass Klimt in die Istrische Flora und Fauna verschwindet, um Jagd auf Wild oder läufige Hündinnen zu machen. Und auch freilebende Hunde hatten keine Möglichkeiten auf unser Grundstück zu gelangen. Dann lieber „Zehn nackte Friseusen“.

Klimt beim Hüten des Pools

Viel Geduld und ein langer Atem

Der Pool war das Highlight – dachte ich zumindest, nachdem wir nach 12 Stunden Fahrt eeeendlich angekommen waren. Schon 21 Uhr. Ach, egal. Vino auf, Bikini an und rein ins Wasser! Schnell wurde klar, dass der Pool Klimt extrem triggert. Solange niemand drin war, beließ er es dabei ihn „nur“ zu hüten, indem er seine konzentrierten Kreise am Rand entlang zog. Doch sobald Action drinnen war, begleitete ein hysterisches Bellen seinen „Outrun“. Für genau 2 Minuten war das witzig und dann nur noch kacke. Denn für ihn selbst bedeutete das extremen Stress. Hinzu kam meine Befürchtung, dass er überhitzt.
Also gab es nur eine Lösung: Verbieten. Klimt kennt es, auf sein Bettchen geschickt zu werden. Deshalb nahm ich dieses mit nach Draußen in ein schattiges Eck und wies ihn an, sich darauf zu legen. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal, gefühlt Tausend Mal am Tag. Denn der Köter ist klug und merkt sofort, wenn ich unaufmerksam werde, mal aufs Klo muss, mir ein Eis hole oder einfach nur die verdammten Augen schließe! Um so wichtiger war mein langer Atem. Und ja, am Ende der Urlaubswoche blieb er bis zu 20 Minuten auf dem Bettchen relativ entspannt. Um es ihm nicht zu schwierig zu machen, haben wir uns auch ab und zu einfach mal für einige Zeit in unser Schlafzimmer zurückgezogen. Das hat zwar meinem Teint geschadet, aber den Hund entspannt und letztlich bei allen für mehr Ausgeglichenheit gesorgt. Denn mir ist schon klar, dass es nervt, wenn alle paar Minuten eine Uschi (in dem Fall eben ich), krächzt: „Geh jetzt auf deinen Platz! Ab ins Betti!“
Neue Umgebungen erfordern neue Trainingsansätze und die Fähigkeit zur Anpassung.

Die Einsicht, dass nicht alles möglich ist

Generell muss einem bewusst sein, dass man gewisse Dinge nicht tun kann, wenn man mit einem Hund verreist, besonders, wenn dieser originell in seinem Verhalten ist. Zunächst: Nicht überall sind Hunde erwünscht, zum Beispiel in Museen, Freizeit- oder Wasserparks, möglicherweise in Einkaufszentren und Märkten, aber auch an Touri-Stränden. Discotheken und Clubs waren eh raus. Außerdem: Manche Orte sind mit einem Hunde, der schwierig mit Artgenossen ist, keine gute Idee.
Dann muss man entweder abwägen, ob der Hund in der Ferienunterkunft alleine gelassen wird oder ob man eben verzichtet. Bis auf zwei Restaurantbesuche von jeweils ca. 2 Stunden, in denen ich etwas Ruhe schöpfen wollte, habe ich verzichtet. Klimt und ich sind nicht mit an den touristisch erschlossenen Badestrand gefahren und wir sind an dem einzigen Regentag auch nicht mit in die Shopping Mall gefahren.

Timeout

Ausszeiten

Was haben wir stattdessen gemacht. Wir haben uns gezielt Auszeiten geschaffen und – das ist das allerwichtigste – sehr genossen.
Die Gruppe hatte sich einen Bilderbuch-Strand mit klarem, blauemWasser, Bar und Toiletten in der Nähe ausgesucht. Ob Hunde dort erlaubt waren wusste niemand. Aber wenn, waren die bestimmt ohne Leine unterwegs. Ok, also darf Klimt entweder gar nicht mit oder gerät mit hoher Wahrscheinlichkeit in Schwierigkeiten, weil er sich mit anderen Hunden anlegt. Wir blieben zu zweit zuhause.
Tja, was soll ich sagen, es war der entspannteste Nachmittag des ganzen Urlaubs! In völliger Ruhe konnte ich mein Pooltraining mit Klimt erfolgreich vertiefen und an meinem Teint feilen. Als es mir doch zu heiß wurde und ich ins Wasser wollte habe ich den Hund mit einbezogen, indem er die Aufgabe hatte, im flachen Wasser nach einem Spielzeug zu tauchen. Dieses dann in aller Seelenruhe ausgiebig zu benagen war dann auch viel spannender, als mich beim Schwimmen zu hüten.
Letztlich war unsere Entscheidung auch goldrichtig. Denn am Strand war es sehr voll, das Eis war ausverkauft und die Toiletten verschlossen.
Ähnliches Szenario als wir uns dagegen entschieden, eine Shopping Mall zu besuchen. Diese war völlig überfüllt und alle, die dort waren, kamen gestresst zurück.
Klimt, mein Lebensgefährte und ich sind stattdessen im Šijana Parkwald spazieren gegangen. Dank des leichten Dauerregens sind wir kaum einer Menschenseele begegnet. Es gab 6 verschiedene Wanderwege. Für einen etwa etwa einstündigen haben wir uns entschieden. Es war sehr erholsam. Alle Schilder waren auf Kroatisch und Italienisch. Großartig, denn ich konnte feststellen, dass ich doch noch mehr Italienisch verstehe als angenommen. Der ganze Park ist wie ein sehr naturbelassenes Naherholungsgebiet für die städtische Bevölkerung aus Pula und auch für Touristen, die das schätzen, aufgebaut. Neben den Wanderwegen, die durch den dichten, alten Baumbestand führen und zahlreichen Infos über die heimische Tier- und Pflanzenwelt, gibt es einen Trimm-dich-Pfad, einen Spielplatz, ein Labyrinth (das haben wir aber nicht gefunden) und Kiosk, der jedoch nicht geöffnet hatte.
Ach, und noch etwas ganz Bezauberndes, was Klimt und ich auf unseren einsamen Spaziergängen entdeckt haben: eine Dalmatinische oder Griechische Landschildkröte (so hat es mir Google zumindest gesagt). Eigentlich hat Klimt sie ganz alleine im Gebüsch abseits des Weges entdeckt. Die Lorbeeren gehen also an ihn. Ich dachte erst, es sei ein totes Tier so wie sich der Hund verhalten hat. Als ich erkannte, dass es eine Schildkröte war, habe ich sie kurz hochgenommen (Ich schwöre! Wirklich nur kurz!), um zu sehen, ob sie lebt. Dann habe ich ein paar Fotos gemacht, mich gefreut und sie wieder in Ruhe gelassen. In Istrien sollen diese übrigens relativ selten sein, weil sie bereits vor dem Krieg scharenweise an Touristen verkauft wurden. (Quelle: Testudowelt)


Vorausschauendes Denken und Planung

Vorausschauendes Denken und Planung sind das A und O, wenn man mit einem reaktiven Hund in fremder Umgebung unterwegs ist. Ganz auf Aktivitäten wollte ich natürlich im Urlaub nicht verzichten. Also habe ich recherchiert, welcher Ausflug für uns ein Maximum an Freude und ein Minimum an Stress bedeutet. Außerdem wollte ich nun doch auch einmal das Meer sehen. So bin ich auf Nationalpark Kamenjak gestoßen, nur ca. 18 km von unserem Ferienhaus entfernt. Das Kap Kamenjak befindet sich an der südlichsten Spitze Istriens und ist bekannt für seine zahlreichen schönen Badebuchten. Hunde sind erlaubt, jedoch an der Leine zu führen. Leider dürfen diese offiziell nicht ins Meer. Ich will nicht zu Straftaten aufrufen, aber es sei verraten, dass sich niemand daran störte, als sich Klimt dennoch die Pfoten dort gekühlt hat. Es muss halt jeder selbst entscheiden, wie viel Gangster in ihm steckt.
Übrigens kann man den Park auch mit dem Auto befahren. Das kostet jedoch etwas. Im Hinblick auf die  geschützte Landschaft entschieden wir uns dagegen, sparten uns das Geld und ließen unser Fahrzeug am Parkeingang stehen. Wir erkundeten das Kap Kamenjak also zu Fuß und entdeckten dabei eine von mehreren Strandbars mit Spielplatz und verschiedene Badebuchten. Nach etwa einer dreiviertel Stunde war die passende Bucht für uns dabei. Nicht all zu viele Menschen und keine anderen Hunde. Im Nadelwald richteten wir uns häuslich ein, um bei Bedarf die ca. 40 Meter ans Meer zu überwinden. Aquaschuhe – und sehen sie auch noch so scheußlich aus – sind hierbei empfehlenswert, weil die Steine doch sehr grob und scharf sind. Dafür entschädigte das Meer: Kühl, klar und sauber.

Nerven aus Drahtseilen

Wie gesagt, vorausschauendes Denken und Planung sind das A und O. Vergisst man das, benötigt man Nerven aus Drahtseilen und einen Plan B.
So erging es uns, als wir uns dazu entschieden, einen Ausflug in die nächste große Stadt zu machen: die römisch geprägte Küstenstadt Pula mit ca. 57.000 Einwohnern und wahnsinnig vielen Touristen mit Hund. Die Gassen im Stadtkern sind eng, gepflastert und gesäumt von Läden, die eher Urlauber als Zielgruppe haben. Schnell wurde klar, hierher zu kommen, war nicht die beste Idee. Aber, ok, Augen zu und durch. Bei einigen Hunden hat Klimt auch wirklich toll reagiert. Er achtet in letzter Zeit mehr auf die Körperhaltung von Artgenossen. Wenn die cool und gleichgültig sind, rastet er meist nicht oder nur viel weniger aus. Aber wehe der andere trägt die Rute zu hoch, macht sich steif und hält eine Millisekunde zu lange Blickkontakt, dann bricht der Hund aus der Hölle aus ihm heraus. Tja, was mache ich umringt von tausenden Touris in einer engen Gasse voll mit Tischen, Stolpertafeln und Kleiderstangen? Nun ich schiebe die Sonnenbrille gerade, richte den Blick starr nach vorne, packe die 20 kg Hund am Geschirr und hebe sie am Widersacher vorbei, während irgendwo in meinem Kopf ironischerweise „Nice to meet ya, bla bla bla Kackmist, Christian Dior, Jesus!“ dudelt.
Ich mag den Song nicht mal und kann ihn bald schon nicht mehr hören. Nach einigen dieser Ausbrüche und immer den gleichen Touristen-Läden trennen wir uns also von unserer Reisegruppe, um in einer Grünanlage nahe des Hafens etwas Ruhe zu finden. Wir treffen uns später wieder, um etwas abseits Essen zu gehen. Beste Entscheidung.

Sehr süß: Vor vielen Geschäften in Pula standen extra Näpfe für Hunde.

Wein

Ja, also was soll ich hierzu denn noch großartig schreiben. Wein schmeckt meistens, macht den Bauch warm, den Kopf frei und entspannt den Körper. Alles ganz wunderbar, wenn man sich mal in einer Negativspirale befindet, weil man sich das schlimmst mögliche Szenario ausmalt, dass dem geliebten Hund während der Reise zustoßen kann.

In diesem Sinne: Cheers und einen schönen Urlaub!

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