Teil 2 von „Besoffene Ballerina auf Speed“
Ich hätte gerne einen Tut-Nix...
Oder ne, eigentlich doch nicht
Im letzten Beitrag habe ich euch ja anschaulich erzählt, dass Klimt
und mich unkontrollierte und ungewollte Hundebegegnungen ziemlich auf
die Palme bringen können. Wer sich nicht erinnert darf hier klicken.
Der Abend schien nach der
Auseinandersetzung mit einem fremden Hund ziemlich gelaufen für uns.
Die entspannte Gartenparty, zu der wir auf dem Weg waren, hatte an
Reiz verloren. Stattdessen klopfte mein Herz auch Minuten nach dem
Intermezzo mit dem anderen Hund noch wie irre vor Ärger, Angst und
Aufregung.
Auch bei der Feier angekommen kreisen
meine Gedanken um die Frage. Wieso der ganze Stress? Warum kann es
nicht unkompliziert sein? Wieso kann ich nicht auch einfach einen
trottelig-netten Tutnix-Hund haben? Kurz Schnuppern und Ciao. Klimt
hatte die ganze Episode wohl längst vergessen. Der greift ordentlich
Streicheleinheiten und Essensreste ab, bis er es witzig findet im
Gemüsebeet sein Unwesen zu treiben. Von mir aus. Ich jedenfalls
brauche eine Weile bis die Gesellschaft, das Essen und der Wein meine
Negativspirale durchbrechen können. Langsam beginne ich, mich zu
entspannen, drehe mir eine Beruhigungszigarette und finde gefallen
an anderen Gesprächsthemen. Eine Freundin kündigt sich zu später
Stunde noch an, bringt vier Bekannte mit. Alles klar, je mehr desto
besser.
Ich konnte ja nicht ahnen, wer die
vierte Bekanntschaft war. Erst als sie hereinkommen und ich etwas
schwarz-weißes, kurzhaariges zwischen den Gestalten erblicke, ist
mir klar: Ein Hund. Nicht schon wieder...
Attacke!!! |
Ich kämpfe mich durch die Gestalten
durch zum Ort des Geschehens, um Einfluss zu nehmen. Klimt ist
natürlich schneller. Es wird laut und knurrig. Klimt stürzt auf den
Neuling los. Ich brülle. Zum Glück ist Klimt in solchen Situationen
ansprechbar und lässt ab von seinem Kontrahenten. Eine Bestie ist er
nicht, auch wenn ich manchmal so tue. Letztlich ist er wohl sogar
insgeheim erleichtert, wenn ich manage. Früher hat das Louni oft
gemacht.
Das geht jetzt nicht mehr. Also
übernehme ich. Ich versuche es zumindest. „Rüde oder Hündin?“,
frage ich, während ich Distanz zwischen den Hunden schaffe, mit
Zeichen und leisen Worten ohne Klimt anzufassen. Blöd nur, dass der
Hundehalter mir auf spanisch antwortet. Oh, mann ey, ich wollte mich
doch nur ein bisschen betrinken und dann wieder nach Hause. Jetzt
muss ich echt noch meine Fremdsprachenkenntnisse improven...
Ich verstehe etwas von „male“ und
„neutered“. Na schön, es ist klar, dass die bleiben und wir
auch. Das muss jetzt also klappen. „Take off the leash ans let´s
walk“, sage ich dem Mann im Schottenrock. Nach kurzem Zögern folgt
er meinem Rat. Wir gehen ein wenig durch den Garten und er erzählt
mir, wie sein Hund heißt. Ich erinnere mich nicht mehr an den
spanischen Ausdruck und weiß nur noch noch, dass es auf Deutsch
„Krümel“ heißt.
Krümel und Klimt beschnuppern sich
angespannt. Klimt wird aufdringlich. Krümel maßregelt. Klimt
findet's ok. Sie schütteln sich beide die Anspannung ab und erkunden
den Garten. Puh. Glück gehabt. Keine Blut, keine Innereien, kein
Kampf auf Leben und Tod. Ich leere mein Glas und lass mich auf einen
Stuhl sinken – die Köter natürlich ganz Kontrolletti immer im
Blick. Doch die machen ihr Ding, legen sich nach einer Weile sogar
brav und ohne Aufforderung ab.
Nur eine Situation gibt es, die noch
brenzlig hätte werden können. Beide stehen bei Krümels Herrchen,
was Krümel nicht gefällt. Krümel schnauzt Klimt kurz an und legte
ihm vielsagend den Kopf auf die Schulter. „Jetzt knallt's“, denke
ich. Doch Klimt wendet sich lediglich langsam ab und geht.
Vertrauen 💗 |
Ich bin stolz. Mein Herz lacht. Der
Abend ist doch noch gelungen. Klimt ist kein irrer Killer. Im
Gegenteil: Er ist zwar manchmal mit Situationen überfordert, aber
letztlich sehr sauber im Kopf, ganz klar in der Kommunikation und
sozial – so sozial, zu akzeptieren, dass ein anderer Hund sich
gerade durchsetzt und den Ton angibt.
Ein entspannter Tutnix wäre zwar
vermutlich immer noch angenehmer im Alltag. Aber mal ehrlich, wie
hündisch ist es denn, immer freundlich zu sein? Ständiges
Beschwichtigen, Herumblödeln und Angepasstsein oder auch Ignorieren
der Umwelt sind lediglich Produkte unserer Gesellschaft. So will es
eben das Umfeld: Nett, leise und unauffällig. Wer durch's Raster
fällt, fällt durch.
Gut möglich, dass ich mir meinen
Stresser-Klimt gerade ein wenig schön rede. Aber ich finde, das
völlig ok. Es gibt schon genug Tage, an denen wir hadern.
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