Der Fressnapf-Skandal

Entäuschung in den Hundegesichtern - Der Napf ist leer...

Zufall oder kapitalistisches Kalkül?

Mitarbeiter der Fressnapf-Gruppe wollen Betriebsrat gründen – Zeitgleich kommt es zu Entlassungen eben jener Angestellten

Die Fressnapf-Gruppe betreibt im Franchise-System 1.400 Märkte in elf europäischen Ländern. Die Unternehmenszentrale befindet sich in Krefeld. Das Warenangebot besteht aus Tiernahrung und Zubehör. Der Gesamtumsatz im Jahr 2016 betrug 1.858 Millionen Euro. Auf der Firmenhomepage stellt sich Fressnapf folgendermaßen dar: „Wir haben verstanden, dass wir Menschen bei der Fressnapf-Gruppe den Unterschied ausmachen. Ob Kunden, Mitarbeiter, Kollegen oder Geschäftspartner: Wer uns kennt, freut sich immer über eine gute Zusammenarbeit.“ Mehr als 10.000 Menschen aus 50 Nationen arbeiten für die Fressnapf-Gruppe und sorgen Tag für Tag dafür, das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier einfacher, besser und glücklicher zu machen.“ Davon arbeiten allein 5.500 Mitarbeiter in den eigenen Märkten, in der Unternehmenszentrale und den Logistikzentren.
Nun seit März sind es fünf Menschen weniger. Nach der Berichterstattung der Westdeutschen Zeitung wollten 17 Mitarbeiter in Krefeld einen Betriebsrat gründen und der Gewerkschaft beitreten. Um dies zu besprechen hatten sich die Angestellten außerhalb ihrer Arbeitszeit und jenseits des Firmengeländes getroffen. Organisiert wurde das Treffen von fünf Personen, denen anschließend fristlos gekündigt wurde.

Alles reiner Zufall?

Offiziell wird diesen Mitarbeitern von Fressnapf ein individuelles Fehlverhalten am Arbeitsplatz vorgeworfen, zum Beispiel zu viele Krankheitstage und Diebstahl. Einen Zusammenhang mit den Plänen zur Gründung eines Betriebsrates bestreitet das Unternehmen. Der Welt wurde auf Anfrage sogar mitgeteilt, man stehe einem solchen Vorhaben „konstruktiv und offen gegenüber“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) glaubt indes nicht an einen Zufall, sondern sieht einen Zusammenhang zwischen den Plänen zur Betriebsratgründung und den Entlassungen. Denn laut DGB habe Fressnapf bereits in der Vergangenheit die Gründung eines Betriebsrats verhindert. Der lokale DGB-Chefs Ralf Köpke teilte der Welt mit: „Wir geben nicht auf, aber es wird jedes Mal schwieriger. Die Leute trauen sich nicht mehr.“
Geht man also von kapitalistischem Kalkül seitens der Fressnapf-Gruppe aus, scheinen die Einschüchterungen zu funktionieren. Auch Abfindungen sind jetzt ein Thema. Laut arbeitsunrecht.de soll es sich um Summen zwischen 9.000 und 13.000 Euro handeln. Ein Teil der Gekündigten nahm das Geld an und verzichteten auf weitere Schritte. Ein anderer Teil lässt sich nicht ruhig stellen und kämpft weiter, sodass der Fall vor Gericht landet. Die Verhandlung am Arbeitsgericht Krefeld ist für Mittwoch, 5. Juli, angesetzt.
Übrigens ist Fressnapf rechtlich gesehen verpflichtet, die Gründung eines Betriebsrats nicht zu behindern. Ab fünf Mitarbeitern ist ein Betriebsrat legitim. Die Gewerkschaft Ver.di, der zwei der Gekündigten angehören, erwägt daher, gegen die Praktiken mit einer Anzeige vorzugehen. Die Konsequenzen können unangenehm für Fressnapf werden. So heißt es in § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Wahl des Betriebsrats (…) behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst.“

Update:

Die Verhandlung wurde kurzfristig abgesagt, wie das Arbeitsgericht Krefeld in einer knappen Erklärung mitteilte. Die Parteien haben sich verglichen.



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